Geschichte der Berliner Volksbank

Vorgeschichte zur Gründung

Der Zusammenschluss vieler und deren eigenverantwortliches Wirtschaften sollte auch nach der Theorie Hermann Schulze-Delitzschs die Konkurrenzfähigkeit des Einzelnen ermöglichen und wahren. So wurden Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten genossenschaftlichen Darlehenskassenvereine gegründet. Auf der Basis von Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung nahmen sie Beitrittsgelder und Spareinlagen ihrer Mitglieder auf, um damit an bedürftige Mitglieder Kredite auszureichen. Man stützte sich nicht mehr auf Spenden und Wohltätigkeit Vermögender. Der Mittelstand half sich selbst. Die

"Hilfe zur Selbsthilfe" wurde zum genossenschaftlichen Prinzip. In seinem 1855 erschienenen Buch "Vorschussvereine als Volksbanken" (hier fiel erstmalig der Begriff Volksbank), gab Hermann Schulze-Delitzsch Anleitung zur Gründung von Genossenschaften. Der Erfolg gab den Gründern Recht. Überall im Land entstanden nun Darlehenskassen, Vorschussvereine und Creditvereine.

Die folgenden Beispiele gehören heute zum Filialnetz der Berliner Volksbank:

1858 Vorschussverein Treuenbrietzen
1860 1860 Darlehenskasse zu Königs Wusterhausen und Oranienburger Vorschuss-Verein
1862 Spar- und Darlehenskassenverein zu Königs Wusterhausen und Oranienburger Vorschuss-Verein
1864 Vorschuss- und Sparverein zu Kyritz
1865 Vorschuss- und Sparverein zu Gransee und Vorschussverein zu Zehdenick
1868 Credit-Verein zu Spandau

Die Gründer dieser ersten Genossenschaftsbanken haben wahrhaft Enormes geleistet

Neben dem zeitaufwendigen Betreiben ihres eigenen Geschäftes haben die Handwerker eine Bank geleitet! Zunächst notgedrungen nur wenige Stunden in der Woche. Die Chroniken der Banken, die später zur Berliner Volksbank gehörten, berichten übereinstimmend:

Für den Geschäftsbeginn standen in der Regel Zimmer privater Wohnungen, meistens des Rendanten (Kassierer) zur Verfügung. Das Mobiliar bestand zumeist nur aus einem Tisch, einem Stuhl und einer gusseisernen Geldtruhe. Häufig wurden sie als Pumpverein verhöhnt. Mit den ersten Erfolgen wandelte sich jedoch der Spott in Bewunderung. Nach der besonderen Mühsal der Anfangsjahre konnten sie zumeist ein Haus anmieten und bald darauf ein eigenes Bankgebäude kaufen oder gar bauen. Die besseren räumlichen Bedingungen und wirtschaftlichen Erfolge ermöglichten längere Öffnungszeiten und Vollbeschäftigung der Bankangestellten. Damit stieg das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen, was wiederum eine Steigerung der Einlagen zur Folge hatte.

Die Genossenschaftsbanken haben sich jedoch nicht störungsfrei entwickelt. Nach der Reichseinigung 1871 gab es zwar mit den Gründerjahren einen Aufschwung, doch dem folgte der Gründerkrach, der auch die Banken erschütterte. Der Erste Weltkrieg bescherte den Banken durch die hohen Einnahmen der Heereslieferanten zumeist einen bedeutenden Einlagenzuwachs. Der schmolz jedoch in den Jahren der Inflation auf ein Nichts zusammen. Diese schwere Zeit wurde vielfach mit erstaunlichem, bisweilen sogar kuriosem Einfallsreichtum überwunden. Es gab auch unter den heute zur Berliner Volksbank gehörenden Banken Kreditinstitute, die anstatt Geld Getreidegutscheine ausreichten, da diese nicht wie das Geld einem Wertverfall ausgesetzt waren. Anderswo entlohnte man die Bankangestellten in Naturalienwerten.

Geschäftsstelle der Wilmersdorfer Bank in den 20er Jahren

Die Goldenen Zwanziger verleiteten die Banken dazu, mit Auslandskrediten zu arbeiten. Nur wer dem widerstehen konnte, vorausschauend wirtschaftete und wahrhaft virtuoses Geschick auf finanzwirtschaftlichem Gebiet bewies, hat die anschließende Weltwirtschaftskrise und den Bankenkrach des Jahres 1931 leidlich überstanden. Die meisten Banken haben schwere Einbrüche erlitten.

Im Verlaufe der dreißiger Jahre benannten sich fast alle Schulze-Delitzschen Darlehnskassen, Vorschuss- und Creditvereine in Volksbanken um. Damit fand der von Hermann Schulze-Delitzsch 1855 geprägte Begriff Anwendung.

Der Nationalsozialismus griff radikal in das Wirtschaftsgefüge und Finanzwesen ein. Davon waren natürlich in erster Linie auch die Banken betroffen. Alle Genossenschaftsbanken hatten während des Zweiten Weltkrieges Mitarbeiter und Genossenschaftsmitglieder zu beklagen, die an den Fronten gefallen waren. Viele Bankhäuser waren von Bomben getroffen und geplündert worden.

Mit der Besetzung Berlins durch die Rote Armee - die Aufteilung der Stadt in Sektoren der Alliierten Streitkräfte erfolgte erst später - verfügte der Stadtkommandant Generaloberst Bersarin am 28. April 1945 die Schließung sämtlicher Banken. Der Schließung folgte eine Ruheanordnung des Berliner Magistrats für die Banken. Die Sparkasse und das Berliner Stadtkontor durften ihre Schalter bald wieder öffnen. Das blieb den Großbanken verwehrt. Sie wichen nach Frankfurt am Main aus. Was mit den Genossenschaftsbanken geschehen sollte, war zunächst unklar. Inzwischen war vom Magistrat ein Verwalter der ebenfalls ruhenden Zentralkasse Norddeutscher Volksbanken eingesetzt worden - Ernst Furche. Er versammelte die in der Zentralkasse vereinten Volksbanken und kämpfte mit ungebrochener Beharrlichkeit um deren Wiedereröffnung. Ihm zur Seite stand Herr Heck, der jedoch schon bald einen leitenden Posten bei der Reichsversicherung übernahm. Dank der guten Kontakte Furches zur Kommandantur und zum Magistrat wurde nach zähen Verhandlungen die Wiedereröffnung nur einer einzigen Volksbank gestattet. Herr Heck kam auf den rettenden Gedanken, eine Bank zu gründen mit den bestehenden ruhenden Genossenschaftsbanken Berlins als Filialen - so konnte man allen gerecht werden und die Volksbanken Berlins vor dem Untergang bewahren.

Einen Tag nach der endgültigen Genehmigung, es war Mittwoch, der 16. Januar 1946, wurde im Neuen Stadthaus in der Parochialstraße die Berliner Volksbank gegründet. Dem ersten Vorstand der Bank gehörten Ernst Furche, Gerhard Fröhling (vormals Volksbank Pankow) und Ernst Härtel (vormals Köpenicker Bank) an.

Die eben gegründete Berliner Volksbank war das erste privatrechtliche Kreditinstitut Berlins, das nach dem zweiten Weltkrieg tätig werden durfte. Die Zentrale befand sich im Stadtbezirk Mitte, Brüderstraße 3, der bisherigen Zentralkasse Norddeutscher Volksbanken. Das Vorderhaus war am 19. Mai 1944 durch einen Fliegerangriff zerbombt worden, so dass nur das Hinterhaus genutzt werden konnte. Heute ist an dieser Stelle die Gartenanlage des ehemaligen Staatsratsgebäudes der DDR. Die Berliner Volksbank nutzte Räumlichkeiten und Mobiliar ruhender Volksbanken Berlins, um hier ihre Filialen eröffnen zu können. Das Personal wurde übernommen. Im Verlaufe späterer Jahre fusionierte die Berliner Volksbank mit diesen ruhenden Volksbanken. Es gab aber auch Banken, die zunächst zum Filialnetz der Berliner Volksbank gehörten, später aber nicht mit ihr fusionierten: Die Volksbank Friedrichstadt, aus der 1950 die GrundkreditBank hervorging, und die Köpenicker Bank. Letztere wurde über Jahre hinweg als ruhende Bank vom nunmehrigen Vorstand der Berliner Volksbank, Ernst Härtel, der bis zum Kriegsende in der Köpenicker Bank tätig gewesen war, verwaltet.

Das Chaos der Nachkriegszeit in Deutschland machte eine Währungsreform notwendig. Die Besatzungsmächte waren nicht in der Lage, sich zu einigen - Konsequenz des Streits war die Einführung zweier Währungen, die Deutschland und auch Berlin in zwei Währungsgebiete spalteten. Da sich Filialen der Berliner Volksbank über ganz Berlin erstreckten, war eine einheitliche Buchführung für die Gesamtbank unmöglich geworden. So teilte sich der Vorstand: Ernst Furche blieb im Ostteil der Stadt, Gerhard Fröhling ging in den Westteil. Die politische Situation in Deutschland und in Berlin entspannte sich nachfolgend keineswegs, so dass die gespaltene Bank, um wieder voll wirksam werden zu können, im Februar 1951 per Gesetz in zwei Banken geteilt werden musste. Die Geschäftsführung der Berliner Volksbank (West) wurde dem bisher kommissarisch tätigen Vorstand Gerhard Fröhling übertragen. In Ost-Berlin blieb ebenfalls der bisherige Vorstand, Ernst Furche und Ernst Härtel, mit dieser Aufgabe betraut.

Die Berliner Volksbank (West) gestaltete ihr Filialnetz architektonisch neu und führte moderne Sicherheitsstandards ein. Nach mehreren Umzügen der Zentrale wurde schließlich 1958 das ehemalige Lager für Flüchtlinge aus der DDR, das Haus Kaiserdamm 86 erworben, umgebaut und bezogen. Hier blieb die Zentrale fast auf den Tag genau vierzig Jahre lang.

Nach dem Chruschtschow-Ultimatum 1958 - die Westsektoren Berlins sollten zu einer "entmilitarisierten freien Stadt" erklärt werden - und dem Mauerbau 1961 sanken in Berlin die Grundstückspreise und die Aktien Berliner Unternehmen fielen, Kapital wurde nach Westdeutschland transferiert. Um dem Sicherheitsbedürfnis der Kunden zu entsprechen und der Bank Geschäfte und Einlagen zu erhalten, initiierte Gerhard Fröhling 1961 die Gründung einer Volksbank in Bad Liebenzell, die unter Schirmherrschaft der Berliner Volksbank wirkte. Damit war Kunden und Bank geholfen. Inzwischen ist die Volksbank in Bad Liebenzell eigenständig.

Das Filialnetz der Berliner Volksbank (West) wurde bis 1989 auf dreißig Filialen erweitert.

Die Berliner Volksbank (Ost) konnte bereits 1952 das sehr schöne Haus des Handwerks in der Neustädtischen Kirchstraße, Nähe Unter den Linden beziehen. Nach Umbauten und Renovierung wurde dieses Haus den Handwerkern vom damaligen Oberbürgermeister Ost-Berlins zum Geschenk gemacht. Mit beginnender Harmonisierung der internationalen diplomatischen Beziehungen zur DDR wurden 1973 fieberhaft Immobilien für Botschaften gesucht. Die USA wählten für ihre Botschaft das Haus des Handwerks! Bank und Handwerkskammer mussten 1975 das Gebäude verlassen. Der Zentrale der Berliner Volksbank (Ost) stand zunächst, infolge der durch den Vorstand nicht eben geschickt geführten Gespräche, nur eine Baracke in der Voltairestraße am Alexanderplatz zur Verfügung, ab 1977 die dritte Etage des Hauses Warschauer Straße 7, Berlin-Friedrichshain.

Unterdessen war die Bank zu einer sozialistischen Genossenschaft gewandelt worden. Das heißt, der Vorstand wurde aufgelöst, ebenso der Aufsichtsrat. Statt dessen wurden ein Direktor (Einzelleitung!) und ein Stellvertreter eingesetzt und ein Genossenschaftsrat gebildet. In diesem Genossenschaftsrat waren natürlich Handwerker vertreten, aber auch der Vorsitzende der Handwerkskammer und ein Mitglied des Magistrats. Damit begann die Politisierung. Die Staatsbank erhielt Weisungsrecht gegenüber der Berliner Volksbank (Ost).

Am 7. Oktober 1974 wurde in der DDR eine neue Verfassung rechtsgültig, in deren Artikel 12 es hieß, dass Banken grundsätzlich Volkseigentum sind. Da Genossenschaftsbanken nicht zum Volkseigentum gehören konnten, machte man aus der Not eine Tugend und benannte die Bank in Kasse um: Die Vertreterversammlung der Berliner Volksbank am 10. Oktober 1974 beschloss die Änderung von §1 Abs. 2 ihres Statuts. Der Name der Bank lautete nun: Berliner Volksbank - Genossenschaftskasse für Handwerk und Gewerbe der DDR.

Wie in allen Banken der DDR wurde auch hier das Bankgeschäft im Verlaufe der Jahre radikal vereinfacht. Das Filialnetz wurde um nur zwei Filialen erweitert.

Berliner Volksbank und die Wende

Vertragsabschluss Volksbank (Ost) und Volksbank (West)

Die Leipziger Montagsdemonstrationen kündigten das politische Ende der DDR an. Von den Ereignissen fasziniert, entschloss sich der damalige Vorstandsvorsitzende der Berliner Volksbank (West) am 6. November 1989, erste telefonische Kontakte zur Berliner Volksbank (Ost) zu knüpfen. Drei Tage später fiel die Mauer. Nachdem knapp acht Monate darauf die Währungsunion zwischen Bundesrepublik und DDR ausgeführt wurde, stand der Fusion der beiden Banken, die 44 Jahre zuvor als eine einzige Bank gegründet worden waren, nichts mehr im Wege. Mit der Fusion im Dezember 1990 waren Umbauten, Umstellung auf westliches EDV-System, Schulung der Mitarbeiter und unzählige weitere Maßnahmen verbunden. Weitere Fusionen mit Banken des Umlandes folgten - die Berliner Volksbank trat erstmals aus dem Stadtgebiet Berlins heraus. Mit den Fusionen ist die Berliner Volksbank deutlich größer geworden, die Zentrale wuchs ebenso und das Gebäude am Kaiserdamm entsprach nicht mehr den Ansprüchen. Nach ersten Plänen, ein neues Haus am Messedamm zu errichten, entschied man sich schließlich, ein bereits fertiges Gebäude im neuen Herzen Berlins zu beziehen. Mit Eröffnung des Potsdamer Platzes am 03.10.1998 wurde die Zentrale der Berliner Volksbank hierher verlegt.

Nur kurze Zeit später, am 16.12.1998, unterzeichneten Aufsichtsräte und Vorstände der Berliner Volksbank und der GrundkreditBank eG-Köpenicker Bank einen Fusionsvertrag. Am 11.06.1999 beschlossen die Vertreterversammlungen beider Banken die Fusion rückwirkend zum 01.01.1999.