Was bleibt vom Geschäftspartner Russland?
10.03.2022 - Lesezeit: 3 Minuten

Die deutschen Unternehmen kappen ihre Bande zu Russland. Auch wenn sie die Sanktionen der westlichen Staaten gegen das Putin-Regime mittragen: Die Solidarität mit der Ukraine wird teuer, denn die Sanktionen werden voraussichtlich noch eine Weile in Kraft bleiben müssen. Was bedeutet das für das Russlandgeschäft der deutschen Unternehmen, heute und morgen?
Weltweit wächst von Tag zu Tag die Zahl der Unternehmen, die ihre Beziehungen zu Russland abbrechen. Niemand möchte in den Ruch geraten, die Invasion der Ukraine mitzutragen. Das gilt auch für deutsche Konzerne und Mittelständler. Die Sanktionen der westlichen Staaten sollen die russische Wirtschaft treffen – und damit den politischen Druck auf den Präsidenten Wladimir Putin erhöhen, sein Militär aus der Ukraine abzuziehen. Allerdings haben diese Sanktionen ihren Preis auch für deutsche Unternehmen. Viele geben bereits jetzt Russland als Markt verloren – und das auf Dauer.
Das schmerzt, denn allein von den Exporten nach Russland hängen rund 250.000 Jobs in der deutschen Industrie ab, schätzt DIHK-Außenhandelschef Volker Treier. Rund 40.000 Unternehmen führten bislang Geschäftsbeziehungen mit Russland, etwa 3.500 sind mit Niederlassungen vor Ort vertreten. Viele davon befürchten, dass diese Niederlassungen enteignet werden. Schon jetzt liegt der Austausch danieder: Lieferketten reißen, Geschäftspartner:innen müssen auf ihre Putin-Nähe geprüft werden – und der abgestürzte Rubel macht deutsche Exportprojekte unbezahlbar.
Die Auswirkungen auf die russische Wirtschaft werden schnell spürbar sein. Deutschland ist, nach China, der wichtigste Handelspartner der Russen. Umgekehrt spielt Russland keine so gewichtige Rolle: Das riesige Reich rangiert erst auf Rang 13 der Handelspartner. Laut DIHK gingen im vergangenen Jahr Ausfuhren im Wert von 26,6 Mrd. Euro nach Russland. Dieses Jahr dürfte dieser Wert kaum über Null liegen. Bedrohlich wirkt sich dieses Embargo bei nur wenigen deutschen Unternehmen aus. Der russische Markt mache weniger als 10 Prozent ihres Umsatzes aus, heißt es bei den meisten betroffenen Konzernen und Mittelständlern.
Deutschland: Abhängig von Importen
Problematischer wirken sich die indirekten Folgen sowohl des Ukraine-Kriegs als auch der Sanktionen aus. So fehlen in deutschen Autowerken die Kabelbäume, die in der westlichen Ukraine gefertigt werden. Schon stehen in den ersten deutschen Fabriken die Räder still.
Was noch wichtiger ist: Russland ist der größte Energielieferant Deutschlands. Von den Waren im Wert von 33 Milliarden Euro, die 2021 aus Russland importiert wurden, entfiel der Großteil auf Rohstoffe wie Erdgas und Rohöl. So rächt sich, dass die Energiewende über die Jahre fast zum Stillstand gekommen ist: Sein Bedarf an Energie macht Deutschland verwundbar – und damit erpressbar.
Gleichwohl geben Ökonomen bereits vorsichtig Entwarnung. Ein Handelskrieg werde für die westlichen Alliierten zwar kurzfristig durchaus schmerzhaft, ihnen auf Dauer allerdings kaum zusetzen, sagt Alexander Sandkampf, Forscher am Kieler Institut für Weltwirtschaft. Auf längere Sicht hätten sie nur eine um jährlich 0,17 Prozent geringere Wirtschaftsleistung zu befürchten. Für Deutschland hat Sandkamp ein jährliches Minus von 0,4 Prozent ausgerechnet.
Gibt es eine Zukunft nach den Sanktionen?
Die wenigsten Unternehmen wagen es derzeit, an eine Zeit nach den Sanktionen zu denken. Sollte Putin den längeren Atem zeigen, werden deutsche Unternehmen in Russland wohl langfristig unerwünscht sein – allerdings waren sie das auch schon vor Putins Krieg. Protektionismus und zunehmende bürokratische Schikanen haben viele Unternehmen bereits vertrieben. Seit 2011 hat sich die Zahl der in Russland aktiven deutschen Unternehmen und ihrer Niederlassungen von 6.300 auf 3.500 fast halbiert.
Wenn deutsche und andere westliche Unternehmen in Russland künftig noch schlechter gelitten sein werden, wer springt dann in die Bresche? Zumindest DIHK-Außenhandelschef Volker Treier hat da einen Verdacht; Es werde spannend zu beobachten, ob China in diese Lücke stoßen werde. Die Absicht besteht jedenfalls. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte am 2. März in Peking: „China und Russland setzen ihre normale Handelszusammenarbeit fort.“ Von Sanktionen war damals und ist bis heute nicht die Rede.