"Ohne die USA als Handelspartner hat Europa ein Problem"
17.04.2025 - Lesezeit: 5 Minuten

Welche Auswirkungen die US-amerikanische Wirtschafts- und Zollpolitik auf Konjunktur, Kapitalmärkte und deutsche Unternehmen hat, skizzierte Dr. Jan Holthusen, Research-Leiter der DZ BANK, im Online-Seminar der Berliner Volksbank.
Energie kam aus Russland, für das Wachstum sorgte China, und die Verteidigung übernahm die überwiegend von den USA finanzierte NATO. Das war bequem für Deutschland, aber leider nicht von Dauer. Russland liefert nicht mehr, die Chinesen werden wirtschaftlich zu Konkurrenten und die Vereinigten Staaten haben Donald Trump als Präsidenten. „Und das bedeutet, dass wir nicht mehr länger im Windschatten der USA segeln können“, sagte Dr. Jan Holthusen, Bereichsleiter Research und Volkswirtschaft der DZ BANK, im Online-Seminar der Berliner Volksbank. Sein Thema: Die Auswirkungen der erratischen US-Wirtschaftspolitik auf Konjunktur und Kapitalmärkte.
„Wenn die USA als Handelspartner wegbrechen, bekommen Europa und damit Deutschland ein Problem“, sagte Holthusen. Natürlich wäre es möglich, die Handelsbeziehungen zu Partnern wie Japan, Kanada, Großbritannien oder auch Indien auszubauen. „Aber das stößt bald an natürliche Grenzen“, sagte der Research-Leiter der DZ BANK. In der Pharma-Branche geht ein Viertel der Exporte in die USA, im Auto- und Maschinenbau sind es immerhin rund 15 Prozent. Holthusen: „Wir sind auch künftig auf ein konstruktives Verhältnis zu den USA angewiesen.“
Konstruktiv verhalten sich die US-Amerikaner derzeit allerdings nicht, das ist Holthusen völlig klar. Holthusen sprach von „Voodoo Economics“. In der ersten Aprilhälfte hatte US-Präsident Trump mit willkürlich angesetzten und dann teilweise wieder einkassierten Zöllen „die Märkte in Aufruhr“ versetzt.
Europa als Zaungast im Handelskrieg
Deutschland ist aus amerikanischer Perspektive nur ein Zaungast beim Handelskrieg zwischen China und den USA. Beide belegen ihre Waren gegenseitig mit absurd hohen Importzöllen. Dabei wären beide Volkswirtschaften zu stark miteinander verbunden, als dass sie künftig autark agieren könnten, sagte Research-Leiter Holthusen. „Beide Seiten werden nachgeben müssen – aber so, dass keiner das Gesicht verliert.“
Deshalb zeigt sich das Research-Team der DZ BANK verhalten optimistisch, was die künftige Entwicklung angeht, „auch wenn sich das weltweite Wachstum abschwächen wird“. In China werde sich das Wachstum fast halbieren, auf allerdings immer noch 2,7 Prozent. In den USA könnte sich die Konjunktur im Herbst wieder berappeln. „Derzeit ist die Stimmung bei den Konsumenten gekippt“, sagte Jan Holthusen, „und bei den Unternehmen sieht es ähnlich aus.“
Was bleibt, ist Unsicherheit
Für Deutschland erwartet das Research-Team der DZ BANK „eine rote Null“. Erst 2026 sei mit einem Aufschwung und daher mit einem Wachstum von 1,2 Prozent zu rechnen. Damit es dazu kommt, muss allerdings eine weitere Zolleskalation ausbleiben und das versprochene Fiskalpaket der neuen Bundesregierung greifen. Nicht die einzige Herausforderung, vor der die schwarz-rote Koalition steht. Holthusen forderte, sowohl die Unternehmenssteuern zügig zu senken als auch Bürokratie abzubauen. Wichtig wäre, die Energiepreise zu senken, „damit nicht noch mehr Industrie abwandert“.
Mag sich die neue Bundesregierung noch so viel Mühe geben, die Wirtschaft anzukurbeln: Die trumpsche Wirtschafspolitik werde unberechenbar bleiben, sagte Dr. Jan Holthusen, gelegentliche Turbulenzen inklusive. „Unsicherheit ist Gift für Investitionen – und es ist Gift für den Konsum“, gab Holthusen zu bedenken. „Und genau diese Unsicherheit bleibt uns in den kommenden Jahren erhalten.“

Dr. Jan Holthusen leitet seit 2021 den Bereich Research und Volkswirtschaft bei der DZ BANK und damit die größte Research-Einheit im deutschsprachigen Raum. Holthusen trat nach seiner Promotion als Analyst in das Rentenresearch der damaligen DG BANK ein und übernahm drei Jahre später als Gruppenleiter die Zinsanalyse. Von 2002 bis 2020 war er als Abteilungsleiter verantwortlich für das Fixed Income Research, das neben der Zins- und Währungsanalyse auch das Credit Research umfasst.