Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 07.11.2022

  • Warten auf Pivot in der Geldpolitik
  • Aktien: Unterschiedliche Entwicklungen in EU und USA
  • Anleihen: Renditen steigen wieder
  • Devisen: Euro unverändert
  • Rohstoffe: Getreidepreis springt nur kurz, Gas-preis steigt wieder, Öl stabil
  • Moderate Herbstbelebung am Arbeitsmarkt
  • Rückläufiger Außenhandel
  • Euroraum-Inflationsrate bei hohen 10,7 %
  • Schwächeres BIP-Wachstum im Euroraum

Warten auf Pivot in der Geldpolitik

Am vergangenen Mittwoch, dem 2. November, erhöhte die US-Notenbank Fed zum vierten Mal in Folge ihren Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf einen Korridor von 3,75 bis 4 %. Den Bilanzabbau durch Reduktion ihrer Anleihebestände setzt sie fort. Die Notenbank kündigte zugleich weitere Zinsschritte an, um die Inflation zu bekämpfen. Sie bekundete aber auch, die ökonomischen Rahmenbedingungen und das Gesamtmaß ihrer geldpolitischen Straffung in die Entscheidungen einzubeziehen. An den Märkten wird dies als Hin-weis gedeutet, dass die Geschwindigkeit der Zinsschritte abnehmen könnte.

Die EZB äußerte sich in ähnlicher Stoßrichtung. Die Bank of England, die in der vergangenen Woche ebenfalls um 75 Basispunkte erhöhte, wählte auch einen vergleichbaren Tonfall. Ihr Chefökonom, Huw Pill, verwies sogar auf die Wechselwirkungen zwischen Inflation, Geldpolitik und Konjunktur, nach denen ein Wirtschaftsabschwung die Inflation bremsen könnte. Damit müsste die Zinspolitik weniger straff ausfallen als gedacht, so der Ökonom.

Alle drei Notenbanken sprachen zudem von der Notwendigkeit des Quantitative Tightening, also des Abbaus ihrer Anleihebestände, neben den Leitzinsen. Christine Lagarde sprach etwa am 4. November in Tallinn von einer Ausarbeitung der Prinzipien des Bilanzabbaus – also, als würde der Abbau selbst schon feststehen.

Damit deuten die Notenbanken aber eher einen längeren Kampf gegen die Inflation an als ihren an den Märkten erhofften „Pivot“. Als dieser gilt der Punkt, an dem die Notenbanken nach ihrer gegenwärtigen Zinswende wieder auf einen günstigeren Kurs (aus Sicht der Kapitalmärkte) zurückwechseln. Diese Hoffnung füttert Kursberuhigungen trotz restriktiver Schritte der Geldpolitik. Sie ist jedoch angesichts der anhaltend ho-hen Inflationsraten verfrüht.

Die Zentralbanken verlagern vielmehr kommunikativ die Strategie ihrer geldpolitischen Straffung weg von den reinen Zinsschritten hin zur – vermutlich längeren – Dauer des höheren Zinsniveaus, zur Straffung über den Bilanzabbau und zur Wirkung der konjunkturellen Schwierigkeiten. Die Unnachgiebigkeit der Inflation, da von realen Angebotsknappheiten getrieben, erzwingt diesen Umgang. Denn Zinserhöhungen wirken gegen diese Knappheiten primär mittelfristig durch Nachfragebremsung oder Währungseffekte.

Aktien: Unterschiedliche Entwicklungen in EU und USA

Der Dax konnte in der vergangenen Woche ein leichtes Plus erarbeiten, das die jüngere Erholung fortsetzt. Der Index schloss 1,6 % im Plus bei 13.460 Punkten. Der Euro Stoxx stieg um 2,1 %. Auf der anderen Seite des Atlantiks verlor der S&P 500 3,4 %, der Nasdaq sogar 5,6 %. Dahinter steht weiterhin die Korrektur der Technologietitel, die in europäischen Indizes geringer vertreten sind. Die höheren Zinsen führen zu einer geringeren Bedeutung der künftigen Wachstumschancen für die heutigen Aktienkurse.

Anleihen: Renditen steigen wieder

Die zehnjährige Bundesanleihe lieferte zum Handelsschluss am Freitag, dem 4. November, eine Rendite von 2,3 %, 20 Basispunkte mehr als zum Wochenauftakt. Die Rendite der gleichlangen US-Papiere stieg um 15 Basispunkte auf 4,2 %. Beide Renditen notieren damit nur knapp über dem Niveau der jeweiligen Leitzinsen, was ihren Status als sichere Häfen bestätigt. Die zehnjährigen italienischen Anleihen hingegen notieren bei 4,5 %.

Devisen: Euro unverändert

Trotz Schwankungen infolge des Zinsentscheides der US-Notenbank verteidigte der Euro seine Beinahe-Parität zum US-Dollar unter der Woche. Er schloss unverändert bei 0,996 Dollar pro Euro.

Rohstoffe: Getreidepreis springt nur kurz, Gas-preis steigt wieder, Öl stab

Als Russland Anfang der vergangenen Woche aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine, Türkei und der UN ausstieg, stieg der Getreidepreis gemessen am amerikanischen Großhandel um bei-nahe 10 %. Da die Ukraine und die Türkei den Getreideexport jedoch fortsetzten und Russland in Ermangelung anderer Optionen zum Abkommen zurückkehrte, stabilisierten sich die Preise wieder. Sie liegen nun 2,2 % über dem Wochenauftakt, damit aber weiterhin sehr hoch.

An den Energiemärkten blieb einerseits der Ölpreis weitgehend stabil: Pro Barrel Brent mussten 95 Dollar oder 0,7 % mehr bezahlt werden. Andererseits stieg der wegen voller Lager und milder Temperaturen gefallene Gaspreis wieder deutlich um 130 % an. Mit 78 Euro pro Megawattstunde liegt der Tagesfuture allerdings weiter klar unter dem Mittel der letzten drei Monate (160 Euro). Aus den genannten Gründen ist der jüngste Preisverfall nur eine temporäre Erscheinung eines milden Herbstes und frenetischer Einkaufspolitik der letzten Monate.otential des Euro.

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Moderate Herbstbelebung am Arbeitsmarkt

Die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mit hohen Unsicherheiten, insbesondere über die Gasversorgung, schlagen sich zunehmend in den amtlichen Daten zum Arbeitsmarktgeschehen nieder. Alles in allem befindet sich der Arbeitsmarkt aber weiterhin in einer robusten Verfassung. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Arbeitslosenzahl im Oktober gegenüber dem Vormonat zwar um 43.000 auf 2,442 Mio. Menschen zurückgegangen. Der Rückgang fiel damit aber schwächer aus als im Zuge der Herbstbelebung allgemein üblich. In saisonbereinigter Rechnung ist die Arbeitslosenzahl leicht um 8.000 Personen gestiegen. Auch die Unterbeschäftigung, die neben der Arbeitslosigkeit Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik und kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt, legte saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat zu, um 29.000 Menschen. Hauptgrund für diesen Anstieg ist die verstärkte Teilnahme ukrainischer Geflüchteter an Integrationskursen. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote verharrte hingegen im Oktober auf ihrem Vormonatsstand von 5,5 %. Im Zuge der gestiegenen Unsicherheiten bereiten sich mehr Unternehmen auf mögliche Kurzarbeit vor. Die Anzeigen über den voraussichtlichen Arbeitsausfall, die der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld vorausgehen, sind von 57.355 im gesamten September auf 82.000 vom 1. bis 26. Oktober gestiegen. Zudem hat die Nachfrage nach neuem Personal, ausgehend von einem recht hohen Niveau, im Oktober merklich nachgelassen. Die Zahl der offenen Arbeitsmarktstellen ist nach BA-Angaben gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 17.000 auf 846.000 gesunken. Auch dies lässt für die nächsten Monate eine weiterhin stagnierende Erwerbstätigenzahl erwarten. Die saisonbereinigte Erwerbstätigenzahl lag zuletzt im September gegenüber dem Vormonat unverändert bei 45.568 Mio. Menschen.

Rückläufiger Außenhandel

Angesichts des eingetrübten weltwirtschaftlichen Umfelds haben sich die Auftriebskräfte im grenzüberschreitenden Handel der deutschen Wirtschaft merklich abgeschwächt. Gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Warenausfuhren im September gegenüber dem Vormonat kalender- und saisonbereinigt um 0,5 % auf 134,5 Mrd. Euro gesunken. Im August hatten sie noch um 2,9 % zugelegt, befördert durch höhere Verkaufspreise. Im Handel mit den wichtigsten Partnerstaaten Deutschlands zeigten sich unterschiedliche Tendenzen: Während die Warenexporte in die Vereinigten Staaten im September um 5,6 % auf 14,5 Mrd. Euro zulegten, sanken die Ausfuhren nach China um 2,0 % auf 8,9 Mrd. Euro. Die Importe Deutschlands sind insgesamt, nach einem Anstieg um 4,9 % im August, im September um 2,3 % auf 130,8 Mrd. Euro zurückgegangen.

Euroraum-Inflationsrate bei hohen 10,7 %

Erstmals seit Einführung des Euros ist die Inflationsrate des Euroraums über die Marke von 10 % gestiegen. Wie Eurostat anhand vorläufiger Angaben mitteilte, übertraf der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) im Oktober seinen Vorjahresmonatswert um deutliche 10,7 %. Im September hatte die Inflationsrate noch bei 9,9 % gelegen. Haupttreiber der Gesamtentwicklung blieben die Energie- und Nahrungsmittelpreise. Energie verteuerte sich im Oktober um 41,9 % und damit stärker als im September (+40,7 %). Auch bei Nahrungsmitteln hat sich der Preisauftrieb gegenüber September weiter erhöht (+13,1 % nach +11,8 %). Allerdings legte auch die Kerninflationsrate, ohne Berücksichtigung von Energie- und Nahrungsmittelpreise, stärker zu als zuvor (+5,0 % nach +4,8 %). Dies verdeutlicht, dass die Teuerung zunehmend breiter angelegt ist. In den kommenden Monaten ist mit einer weiter steigenden Inflationsrate zu rechnen. Hierauf lässt zumindest der unvermindert hohe Preisdruck von Seiten der Erzeugerpreise schließen. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte hatten sich im August um massive 43,3 % verteuert.

Schwächeres BIP-Wachstum im Euroraum

Trotz der schwieriger gewordenen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der andauernden Belastungen durch den Ukrainekrieg und die Coronapandemie ist die Wirtschaft des Euroraums im 3. Quartal auf ihrem Wachstumspfad geblieben. Gemäß der vorläufigen Schnellschätzung von Eurostat expandierte das preis-, kalender- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,2 %. Allerdings hat sich der BIP-Anstieg damit gegenüber dem sehr wachstumsstarken 2. Quartal (+0,8 %) merklich abgeschwächt. Unter den großen Euroraumstaaten wiesen Italien (+0,5 ) und Deutschland (+0,3 %) den deutlichsten BIP-Zuwachs auf. In Frankreich (+0,2 %) und Spanien (+0,2 %) ist die Wirtschaftsleistung demgegenüber weniger stark gestiegen. Erst amtliche Angaben zu den BIP-Verwendungskomponenten (Konsum, Investitionen, Außenhandel) wird Eurostat voraussichtlich am 7. Dezember veröffentlichen.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR