Klimaschutz und Wirtschaft: Handeln statt Anerkennen
24.10.2024 - Lesezeit: 4 Minuten

Sven Plöger steht mitten in einem leeren Pool in Berlin-Kreuzberg. Das Publikum hängt ihm auch nach zwei Stunden noch an den Lippen. Der leere Pool ist Kulisse für seinen Vortrag zu einem der drängendsten Fragen unserer Zeit: dem Klimawandel. Mit einem humorvollen, aber eindringlichen Ton stellt Plöger die Frage: „Klimawandel – Gute Aussichten für morgen!?“. Im Rahmen des „Weitblick“-Veranstaltungsformats der Berliner Volksbank trafen sich Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Region Berlin und Brandenburg, um mit Meteorologe Sven Plöger genau darüber zu sprechen.
Wir sind im Anerkennen – und das reicht noch nicht

Sven Plöger startete mit einer überraschenden Beobachtung, wenn es um uns Menschen und den Klimawandel geht: „Wir befinden uns in einem Status des Anerkennens.“ Viele Menschen verstehen mittlerweile, dass der Klimawandel eine Realität ist, doch das allein reicht nicht. Wissen und Handeln klaffen immer noch auseinander. Plöger verdeutlichte dies anhand politischer Beispiele: "Das Kyoto-Protokoll ist gescheitert, das Pariser Abkommen wackelt – wir haben noch einen weiten Weg vor uns."
Für Unternehmer ist diese Anerkennung eine Grundlage, auf der gebaut werden muss. Nur wer sich den Veränderungen stellt, kann auch wirtschaftlich erfolgreich bleiben. „Eine gesunde Wirtschaft ist die Grundlage unseres Zusammenlebens“, sagte Plöger.
Vom Klima zur Wirtschaft: Warum Klimaschutz Wohlstand erhält
Klimaschutz und Wohlstand sind keine Gegensätze – im Gegenteil. Plöger betonte die Dringlichkeit, jetzt zu handeln, um langfristig wirtschaftliche Stabilität zu sichern. Für jeden Euro, den wir heute nicht in Klimaschutz investieren, müssen wir später zwei bis elf Euro für die Beseitigung von Schäden ausgeben. Das ist eine Rechnung, die sich keine Volkswirtschaft leisten kann. Vor allem in einer Region wie Berlin und Brandenburg, die sowohl von Natur als auch von urbanen Strukturen geprägt ist, bedeutet das: Nachhaltige Entscheidungen heute verhindern teure Katastrophen morgen.
Mehr Hitze, mehr Wasser: Wenn der Klimawandel sichtbar wird

Ein Thema, das viele im Publikum besonders beschäftigt, war die Beschreibung der Klimafolgen in der Region. Plöger erklärte, warum mehr Hitze nicht nur trockene Sommer bedeutet, sondern auch eine erhöhte Gefahr für Starkregen und Überschwemmungen. Das physikalische Prinzip dahinter: Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf aufnehmen – und was reingeht, muss auch irgendwann raus. Das führt zu langen Trockenphasen, die dann abrupt von starken Unwettern unterbrochen werden. Für die Region Berlin-Brandenburg bedeutet dies: Unternehmen müssen sich nicht nur auf mehr Hitzetage, sondern auch auf vermehrte Extremwetterereignisse einstellen.
Plöger brachte dazu einen eindrücklichen Vergleich: „Wir wissen, wie die Welt vor 10.000 Jahren aussah, als sie drei bis vier Grad kälter war – Eiszeit. Die Alpen waren mit Eis bedeckt, auch Berlin und große Teile Brandenburgs steckten unter einer dicken Eisschicht. Die damalige Welt hatte mit der heutigen nichts zu tun. Und deshalb hat auch eine drei bis vier Grad wärmere Welt mit der heutigen Welt nichts zu tun, auch wenn niemand ganz genau sagen kann, wie die Welt dann aussehen wird. Klar ist nur: Wir werden Lebensraum verlieren, ob durch Dürre, Wasserknappheit oder Meeresspiegelanstieg, All das, so betonte Plöger, sei gerade Grund, warum wir handeln müssen, um den worst case zu verhindern. Das sind wir unseren Nachkommen schuldig.
Pragmatisch handeln: Von PV-Anlagen und sinnvollen Rahmenbedingungen

Als eine der pragmatischen Maßnahmen, die Unternehmen und Privatpersonen ergreifen können, nannte Plöger den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen. „Wenn man kann, ist das sicher kein Fehler“, sagte er. Doch er warnte auch davor, solche Maßnahmen pauschal als Lösung für alle zu sehen. Viel hängt von den finanziellen Möglichkeiten und der jeweiligen Situation ab. Für Unternehmerinnen und Unternehmer bedeutet das: Jeder Schritt zählt, aber er muss sinnvoll in die eigenen Möglichkeiten passen.
Besonders wichtig seien die politischen Rahmenbedingungen: „Der, der die Welt verschmutzt, darf nicht mehr verdienen als der, der sie schützt.“ Dieser Satz fasst die Notwendigkeit zusammen, wirtschaftliche Anreize so zu setzen, dass Klimaschutz auch ökonomisch attraktiv ist. Plöger betonte dabei, dass die Umsetzung solcher Regelungen komplex sei und politische Akteure oft auf viele Interessengruppen Rücksicht nehmen müssten – doch genau hier sei der Hebel für Veränderung.
Haltung durch Handlung – egal warum

Zum Ende hin wurde Plöger philosophisch: „Mir ist es egal, warum jemand das Richtige tut. Ob aus finanziellen Gründen oder weil er das physikalische Prinzip versteht – Hauptsache, es wird getan.“ Dieser pragmatische Ansatz fand bei den anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmern großen Anklang. Denn am Ende geht es nicht um die perfekte Haltung, sondern darum, dass gehandelt wird – mit Augenmaß, einer Prise Humor und dem Willen, das Richtige zu tun.
Eine Aufgabe für alle
Die Diskussion im Anschluss an den Vortrag zeigte, wie sehr das Thema bewegt. Für Unternehmen in der Region Berlin und Brandenburg ist klar: Klimaschutz ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit – nicht nur aus Verantwortung gegenüber der Umwelt, sondern auch aus unternehmerischer Vernunft. Jeder Schritt in die richtige Richtung hilft – sei es durch Investitionen in erneuerbare Energien, durch verbesserte Prozesse oder durch die Einsparung von Ressourcen.
Der leere Pool ist ein Zeichen. Jetzt geht es darum, die richtigen Schritte zu gehen, damit wir in Zukunft nicht nur leere Becken, sondern gefüllte und lebenswerte Bedingungen vorfinden – für uns und die kommenden Generationen.
Zur Person

Sven Plöger, geboren 1967 in Bonn, ist Diplom-Meteorologe, Buchautor, Vortragsredner und Wettermoderator. Nach dem Meteorologiestudium in Köln fand er rasch den Weg in die Medien und ist seit 1996 regelmäßig im Radio und seit 25 Jahren im Fernsehen zu sehen, unter anderem bei „Wetter vor acht“ und anderen Wettersendungen der ARD.
Neben seiner Tätigkeit als Wettermoderator hält Plöger seit 2002 Vorträge über Wetter und Klima. Mit seinem ersten Buch „Gute Aussichten für morgen“ (2009) setzte er wichtige Impulse in der Klimadebatte. Es folgten weitere erfolgreiche Publikationen, darunter „Zieht euch warm an, es wird heiß!“ (2020) und dessen Neuauflage „Zieht euch warm an, es wird noch heißer!“ (2023).
Plöger ist ein gefragter Experte in TV-Talks und engagiert sich intensiv in der Diskussion um Klimawandel und Energiewende.