Clean Industrial Deal, Omnibus-Verfahren - Was bringen sie den Unternehmen?
27.03.2025 - Lesezeit: 7 Minuten

Die Europäische Union hat kürzlich zwei bedeutende Initiativen vorgestellt: Den Clean Industrial Deal und das Omnibus-Verfahren. Beide zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit Europas als Wirtschaftsstandort zu stärken und gleichzeitig die Klimaziele aus dem 2019 veröffentlichten Green Deal zu erreichen.
Die Initiativen sind eng miteinander verbunden. Der Clean Industrial Deal legt den Fokus eher auf energieintensive Industriezweige sowie deren Weg zur CO2-Reduzierung. Mit dem Omnibus-Verfahren setzt die EU branchenunabhängig auf Maßnahmen für weniger Regulierung und mehr Wettbewerbsfähigkeit im Kontext Nachhaltigkeit in Europa.
Der Clean Industrial Deal zielt darauf ab insbesondere energieintensive Industrien in Europa, wie z.B. Stahl, Metall und Chemie, nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren (Quelle: Deal für eine saubere Industrie - Europäische Kommission). Außerdem sollen Unternehmen im Bereich der „sauberen Technologien“, die für die Transformation benötigt werden, in besonderem Maße gefördert werden.
Die wesentlichen Ziele des Plans sind:
- Bezahlbare Energie: Hierfür wurde ein „Aktionsplan für erschwingliche Energie“ aufgesetzt.
- Steigerung der Nachfrage nach sauberen Produkten. Unter anderem durch die Bevorzugung von „Made in Europe“ Produkten bei Ausschreibungen soll hier ein Anreiz gesetzt werden.
- Finanzierung der Energiewende. Mit mehr als 100 Mrd. Euro an staatlicher Förderung für „saubere Fertigung“ sollen erneuerbare Energien und die Dekarbonisierung der Industrie finanziert werden.
- Kreislauffähigkeit und Zugang zu Rohstoffen. Die EU plant ihre Einkaufskraft zu stärken, indem sie die Nachfrage bündelt und ein Zentrum für kritische Rohstoffe einrichtet. Ein 2026 geplanter Rechtsakt zur Kreislaufwirtschaft soll 24 % der Stoffe in der EU bis 2030 kreislauffähig machen.
Das Omnibus-Verfahren zielt laut Aussage der EU branchenunabhängig darauf ab, die EU-Vorschriften im Kontext Nachhaltigkeit zu vereinfachen, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und zusätzliche Investitionskapazitäten freizusetzen. Konkret soll der Regulierungs- und Verwaltungsaufwand um 25 % für Konzerne und 35 % für mittelständische Unternehmen gesenkt werden. Ein wesentlicher Hebel wird hierbei in der Reduktion und Vereinheitlichung von Sorgfalts- und Berichtspflichten gesehen.
Betroffen hiervon sind:
- Nachhaltigkeitsberichterstattung – CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive): Im ersten Schritt soll die Berichtspflicht für die ab 2025 oder 2026 berichtspflichtig werdenden Unternehmen um zwei Jahre verschoben werden. Im zweiten Schritt soll der Schwellenwert der Mitarbeiterzahl auf 1.000 erhöht werden. Dadurch würden fast 80 % weniger Unternehmen unter die CSRD-Anforderungen fallen.
- Sorgfaltspflichten in der Lieferkette – CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive): Unter anderem Verschiebung der ersten Anwendungswelle auf 2028 und Verlängerung der Prüfintervalle von einem auf fünf Jahre.
- Kriterien für nachhaltige Investitionen – Taxonomieverordnung: Auch hier soll der Schwellenwert der Mitarbeiterzahl auf 1.000 erhöht werden. Gleichzeitig soll der Umsatz dann mindestens 450 Mio. € betragen.
Parallel gibt es Vorschläge, den CO2-Grenzausgleichsmechanisamus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) und die InvestEU-Verordnung zu ändern, um Investitionen zu erleichtern.
Herausforderungen und Anreize für Unternehmen
Die beiden aktuellen Initiativen der EU haben unterschiedliche Implikationen für Unternehmen verschiedener Größen und Branchen:
Große Unternehmen, insbesondere in energieintensiven Branchen wie Stahl, Zement und Chemie, müssen erheblich in nachhaltige Technologien und Prozesse investieren, um die Anforderungen des Clean Industrial Deal zu erfüllen. Gleichzeitig profitieren sie von den finanziellen Anreizen und Fördermitteln der EU.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) könnten vor größeren Herausforderungen stehen, da sie möglicherweise nicht über die gleichen Ressourcen wie große Unternehmen verfügen. Allerdings bietet die EU auch spezielle Förderprogramme und Unterstützung für KMU, um ihnen den Übergang zu nachhaltigen Praktiken zu erleichtern.
Kritikpunkt Unsicherheit
Viele Unternehmen sind nach den aktuell noch geltenden Regelungen berichtspflichtig. Gemäß dem neuen Vorschlag wären sie es aber nicht mehr. Allerdings ist der noch nicht rechtskräftig verabschiedet. Diese Unternehmen befinden sich daher in einer schwierigen Lage.
Der Zeitplan ist ambitioniert
Der Clean Industrial Deal und das Omnibus-Verfahren sollen im Laufe des Jahres 2025 beschlossen und umgesetzt werden. Der CO2-Grenzausgleichsmechanisamus wird ebenfalls, laut aktueller Planung, 2025 in Kraft treten. Abhängig von den politischen Entwicklungen und Verhandlungen innerhalb der EU kann es hier allerdings auch noch zu Verschiebungen kommen.
Update vom 03.04.2025:
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben am 3. April mehreren zeitlichen Änderungen zugestimmt. Dank eines beschleunigten Verfahrens reicht nun die formelle Annahme durch den Rat aus, um den "Stop-The-Clock"-Teil des Omnibus-Vorschlags in Kraft zu setzen.
Was wurde beschlossen?
- Für Unternehmen der "Welle 2 und 3" verschieben sich die Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung um zwei Jahre. Diese Unternehmen müssen nun erstmals im Jahr 2028 über das Jahr 2027 berichten. Die Definitionen bleiben unverändert: "Welle 2" umfasst alle großen Unternehmen, die bisher nicht berichtspflichtig sind, und "Welle 3" betrifft alle börsennotierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs).
- Die Frist zur Umsetzung der Lieferketten-Richtlinie wird um ein Jahr auf 2028 verlängert.
Für große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen, die bereits dieses Jahr über das Jahr 2024 berichten müssen (so wie beispielsweise die Berliner Volksbank), bleibt alles unverändert. Sie sind weiterhin zur Berichterstattung verpflichtet.